Inspirierende Erfolgsgeschichten aus den Regionen mit Ressourcen

Dr. Diana Czernek-Schäfer

Wie fing alles an?

Ich habe 13 Jahre als Angestellte in meinem Beruf als Tierärztin gearbeitet. Als ich im Januar 2017 betriebsbedingt entlassen wurde, stellte ich mir die Frage: Was nun?
Für mich sollte es so schnell wie möglich weiter gehen. Arbeitslos sein war für mich keine Option. Ich versuchte, eine Anstellung zu finden, was leider nicht funktioniert hat. Sowohl meine Familie als auch viele Gespräche mit Freunden und mit der Agentur für Arbeit gaben mir den Mut und Anstoß, den Schritt in die nebenberufliche Selbstständigkeit als Tierärztin zu wagen. Drei Jahre habe ich als Lehrerin im Seiteneinstieg (als Kind wollte ich nie was anderes werden) und nebenberuflich als Tierärztin gearbeitet.

Was hat sie dazu inspiriert, die Firma zu gründen?

Inspiriert, überzeugt und letztendlich auch ein bisschen angeschubst haben mich meine Familie und die Unternehmensberaterin Carmen Baumann. Keiner hat jemals an mir und meinen Fähigkeiten gezweifelt. Im Gegenteil. Sie sahen alle viel mehr Potential in mir als ich selbst. Ohne diesen Rückhalt wäre ich diesen Schritt nie gegangen. Letztendlich waren auch die immer nur befristeten Verträge mit den Schulen ein Grund. Beide Jobs haben mich ziemlich beansprucht, bis irgendwann die Entscheidung gefällt werden musste: entweder oder. Ich habe mich dann für die Tiere entschieden.

Wann entwickelte sich die Idee, selbstständig sein zu wollen?

Das Arbeitslosengeld lief aus und die Zeit, in der ich den Gründungzuschuss beantragen konnte, war begrenzt bzw. lief die Anmeldefrist dafür ab. Auch hier war es erneut die Unternehmensberaterin, die mir den entscheidenden Anstoß gab, im Dezember 2019 meine Nebentätigkeit als Tierärztin in die Hauptberuflichkeit umzuwandeln.

Welche Unternehmensform haben Sie gewählt und worin besteht das Aufgabenfeld?

Ich bin freiberufliche Einzelunternehmerin. Mein Aufgabenfeld besteht zum einen in der Fahrpraxis – das heißt, ich fahre zu den Höfen/Tieren und versorge sie vor Ort – zum anderen biete ich Sprechstunden in meiner, ans Wohnhaus angeschlossenen Kleintierpraxis an. Von Vorteil war, dass ich den Kundenstamm im Großtierbereich von meinem ehemaligen Arbeitgeber übernehmen konnte.

Was waren Ihre größten Ängste und Bedenken bei dem Gedanken an Ihre Unternehmensgründung?

Meine Ängste und Bedenken galten und gelten der finanziellen Absicherung. Obwohl ich meine Familie im Hintergrund habe, spürte und spüre ich des Öfteren eine große Unsicherheit diesbezüglich. Ich möchte weder von meiner Familie noch von meinem Mann finanziell abhängig sein, sondern für mich selbst sorgen können.

Hatten Sie Unterstützung durch Vereine/Verbände/andere Institutionen (IHK etc.)?

Noch heute bin ich der Unternehmensberatung Carmen Baumann überaus dankbar für ihren Glauben an mich, für ihre professionelle Beratung und wertvolle Unterstützung. Aber auch in der Agentur für Arbeit haben sich nette Mitarbeiterinnen sehr gut um mich gekümmert. Ferner hat mir der Austausch mit und das Feedback von Kollegen, die einen ähnlichen Weg bereits gegangen waren, sehr geholfen.

Was ist das wichtigste, an dem Sie gerade arbeiten und wie soll es gelingen?

Ich bilde mich auf den unterschiedlichsten Gebieten im Bereich der Kleintierpraxis weiter. Momentan beschäftigt mich das Thema Ultraschalltechnik: Was ist alles möglich? Wie kann ich das Sichtbare interpretieren? Und ähnliche Fragestellungen. Lernen und sich weiterbilden ist für mich eine Lebensaufgabe, die nie beendet ist.

Thema Finanzierung: Welchen Quellen standen Ihnen bei der Übernahme zur Verfügung?

Ich habe keinen Kredit aufgenommen, sondern die Ausstattung der Praxis aus privaten Mitteln finanziert. Die Verwandlung des Pferdestalls zu meiner jetzigen Kleintierpraxis ist in Eigenleistung durch meinen Mann und mich geschehen. Als finanzielle Unterstützung sehe ich den Gründungszuschuss und meine dreijährige Nebentätigkeit als Lehrerin.

Gab es Momente nach der Gründung, in denen Unsicherheiten in Ihnen aufkamen?

Ja, die gab es und die gibt es immer noch. Ich habe Angst, dass am Monatsende nicht genügend Einnahmen zusammenkommen, mit denen ich meine Ausgaben decken kann. Manchmal kommen mir Zweifel, was meine beruflichen/fachlichen Qualifikation betrifft. Deswegen investiere ich Zeit und Geld in Weiterbildungen. Und das werde ich wohl mein Leben lang so handhaben. Wenn wir gut sind, dann lernen wir auch aus unseren Fehlern.

Wenn Sie heute zurückblicken, was waren die Herausforderungen, die Sie vor oder während Ihrer Übernahme bewältigen mussten?

Die größte Herausforderung, mein größter Feind bin ich mir selbst. Ich kämpfe regelmäßig mit meinem kaum ausgeprägten Selbstbewusstsein. Deswegen ist es so wichtig, dass ich meine Familie im Hintergrund habe, dass meine Kunden mir positives Feedback geben und dass Freunde und Kollegen mir sagen, ich solle endlich die Zweifel ablegen.

Worauf sind Sie im Rückblick besonders stolz, was waren Ihre größten Erfolge?

Stolz bin ich darauf, dass sich kein Betrieb von mir abgewendet hat, als ich gekündigt wurde und als Selbstständige weiterhin den Kontakt zu den Kunden gesucht habe. Es freut mich, dass sowohl Familie und Freunde als auch Kunden und Kollegen hinter mir stehen. Das bestätigt mich in meiner Arbeit und als Person. Sollte es fachlich mal nicht reichen, kann ich immer mit meiner Menschlichkeit punkten.

Wie haben Sie die Herausforderungen (wenn es denn welche gab) gemeistert?

Wie bereits gesagt, ohne die vielen unterstützenden, mutmachenden und an mich glaubenden Menschen in meiner Umgebung bzw. an meiner Seite, wie Familie, Geschäftspartner und Frau Baumann, die mir buchstäblich den nötigen Tritt in den Hintern gaben und geben, wäre ich heute längst nicht da, wo ich jetzt bin.

Sie sind jetzt Ihre eigene Chefin. Käme ein Dasein als Angestellte überhaupt noch in Frage?

Nein, in dieser Berufsrichtung (Tierärztin) würde ich mich nicht mehr anstellen lassen. Wenn, dann in einer berufsfremden Branche. Zum Beispiel als Lehrerin. Ich würde nicht „nie“ sagen. Wenn alles gut läuft, kann es gern so weiter gehen.

Was sind ihre Ziele als Unternehmerin?

Bis ins Renteneintrittsalter durchzuhalten. Insbesondere die Arbeit mit den Großtieren ist körperlich anstrengend. Ich hoffe, dass mein Körper und meine Gesundheit noch die nächsten 17 Jahre mitmachen.

Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?

In fünf Jahren möchte ich soweit sein, dass ich keine finanziellen Ängste mehr haben muss; dass mein Einkommen ausreicht und gut ist; dass ich keine schlaflosen Nächte mehr habe; dass ich niemandem zur Last falle.

Welche Tipps würden Sie Menschen geben, die sich mit dem Gedanken beschäftigen, ein Unternehmen zu gründen?

Ich rate jedem, immer das familiäre Umfeld einzubeziehen. Man sollte sich fragen: Was für ein Mensch bin ich? Will und kann ich das wirklich? Es ist unabdingbar, sich im Vorfeld ausführlich zu informieren, was alles auf einen zukommt. Und ich plädiere dafür, sich beraten zu lassen, sich Unterstützung zu holen und an Gründungskursen teilzunehmen.

Angenommen, Sie stünden jetzt vor der Gründung, würden Sie nochmal den gleichen Weg einschlagen?

Aus heutiger Sicht ja. Von allein würde ich allerdings irgendwann kapitulieren. Man muss das Streben danach haben, um nicht zu kapitulieren. Ich hätte gern mehr davon. Zum Glück habe ich viele nette Kunden, die mich und meine Arbeit bestätigen.

Welche Charaktereigenschaften sind ein absolutes Muss, um sich als selbständige Unternehmerin behaupten zu können?

Ein selbstsicheres Auftreten; Selbstbewusstsein; Hinweise von außen annehmen können; auf Ratschläge und Hinweise von anderen hören.

Wie finden Sie neue Kunden?

Bisher kommen die Kunden durch Mund zu Mund Propaganda zu mir. Das ist für mich die schönste Bestätigung. Einige Kunden fanden mich durch mein Logo und meine Adresse auf der Heckscheibe meines PKW. Ich habe aber auch Betriebe angeschrieben und mich vorgestellt, was in einigen Fällen in längerfristige Verträge mit den Betrieben mündete.

Regionen mit Ressourcen

Projektträger:
Unternehmensberatung
Carmen Baumann
Projektzeitraum:
1.August 2019 bis 30.April 2021

In dem vom Europäischen Sozialfonds (ESF) geförderten Projekt wurden Möglichkeiten entwickelt, wie in der ländlichen Region des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte mehr erwerbsfähige Menschen erwerbstätig werden können,


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