Ich habe an der Burg Giebichenstein in Halle an der Saale Produktdesign mit dem Materialschwerpunkt Glas und Keramik studiert. Vor und während des Studiums hatten wir oft Gelegenheit, sowohl in größere Unternehmen als auch in kleinere private Manufakturen reinzuschnuppern und uns mit den Unternehmern bzw. Eigentümern auszutauschen. So war zum Beispiel ein neunmonatiges Praktikum vor dem Studium Pflicht, welches mich beide Seiten – angestellt und selbstständig sein – kennenlernen ließ.
2012 habe ich den Bachelor gemacht, im darauffolgenden Jahr meinen Master. In den Semesterferien kam ich jedes Jahr in die Heimat, um hier zu Arbeiten und so einen Teil meines Studiums zu finanzieren. Dabei lernte ich auch meinen Mann kennen, einen Landwirt aus der Region. Nach meinem Abschluss und der Ernte fingen wir im Herbst 2013 an, mein Atelier aufzubauen. Im Dezember starteten wir mit einer kleinen Ateliereröffnung. Es war ein wunderschönes Event mit vielen Gästen aus der Umgebung.
Im Januar 2014 nahm ich an einem Existenzgründerseminar bei der Unternehmensberatung Carmen Baumann teil. Und dann ging es weiter mit den ersten Veranstaltungen, wie zum Beispiel „Kunst offen“ und verschiedenen Handwerksmärkten. Unter anderem hatte ich mich für den Töpfermarkt in Teterow beworben, einer der besten Märkte für unsere Branche, wie ich finde. Sehr stolz war ich, gleich im ersten Jahr durch das harte Bewerbungsverfahren gekommen zu sein und teilnehmen zu dürfen. So öffneten sich immer weiter Türen und Möglichkeiten, um meine Produkte zu vermarkten.
Inspiriert hat mich eine kleine Handwerker- bzw. Künstlerfamilie in Sachsen, bei der ich mein letztes Praktikum vor dem Studium absolvierte. Dort sah ich, wie wunderbar man seinen kreativen und handwerklichen Beruf mit dem Familienleben verbinden kann, wie gut es funktioniert, wenn alles ineinandergreift, wenn der Arbeitsplatz zu Hause ist. Und ich habe bei dieser Familie gesehen, dass man auch mit einem kleinen Manufakturbetrieb erfolgreich sein kann. Sie hatten und haben ein tolles Konzept für ihre Auftritte auf den Designmärkten und inspirieren mich noch heute.
Durch den Beruf meines Mannes war schnell klar, wo unser Lebensmittelpunkt und wie unser Lebenskonzept aussehen wird. Wir haben viel Platz auf dem Hof, sodass wir einen Raum für meine Werkstatt ausbauen konnten. Jeder von uns hat während des Jahres eine Zeit, wo er die volle Unterstützung des anderen braucht und auch mal ein Teil seiner Aufgaben übernimmt. Wir leben beide unsere Berufe und trotz der Unterschiedlichkeit hat sich irgendwie alles ziemlich schnell sehr gut gefügt.
Ich bin Freiberuflerin. Eine Steuernummer hatte ich mir schon während des Studiums beim Finanzamt geholt. Diese brauchten wir, wenn wir während des Studiums Ausstellungen organisiert und durchgeführt haben.
Mein Aufgabenfeld umfasst die gesamte Linie vom Produktdesign über die Produktion bis hin zur Vermarktung bzw. zum Verkauf meines komplett handgemachten Porzellans. Alles in Eigenregie.
Die Frage, ob und wenn ja, wie sich alles fügen wird, kam auf. Wie kriegen wir das mit der Landwirtschaft, mit meiner Werkstatt und mit Kindern, die wir von Anfang an wollten, hin? Wie schaffen wir es, dass nicht jeder an jedem zerrt, dass wir im Fluss bleiben und weiterhin Freude an unserer Arbeit haben? Im Moment, mit zwei Kindern unter zwei Jahren, habe ich eine Pause eingelegt. Das haben wir gemeinsam entschieden. Ich freue mich, wenn es auch für mich bald wieder weiter geht.
Zunächst bekam ich finanzielle Unterstützung vom Jobcenter. Als Hochschulabsolventin stand mir kein Arbeitslosengeld zu. Es war eine schwierige Zeit. Man konnte mit meiner sehr speziellen Ausbildung hier in MV nichts anfangen, ich war nicht vermittelbar. Als die Mitarbeiter des Jobcenter erkannten, dass ich unbedingt selbstständig sein möchte, bekam ich den Existenzgründerzuschuss und habe den Gründungskurs bei der Unternehmensberatung Carmen Baumann absolviert.
Momentan bin ich, wie bereits gesagt, in der Kinderpause mit einem Baby und einem Kleinkind. Mein nächster Plan ist, meine Webseite zu aktualisieren. Dafür brauche ich tolle Fotos von schönen neuen Objekten. Ich habe große Lust, wieder aktiv zu werden, was mit den Kindern momentan nicht richtig machbar ist. Wenn nach der Ernte wieder etwas Ruhe einkehrt, nehme ich mir zwei Vormittage in der Woche die Zeit, um in meinem Atelier ein paar neue Ideen umzusetzen und meinen Weihnachtsmarkt vorzubereiten.
Zu Beginn bekam ich finanzielle Unterstützung vom Jobcenter in Form des Einstieggeldes. Viele meiner Werkzeuge und Formen hatte ich mir schon während des Studiums und der Praktika zusammengesammelt. Für gebrauchte Geräte wie den Gasofen oder die Gipsscheibe sind wir sogar durch ganz Deutschland gefahren. Am meisten hat jedoch mein Mann in den Ausbau der Räumlichkeiten investiert, sodass innerhalb weniger Monate ein hübsches kleines Atelier entstand. Als ich nach 3 Jahren einen neuen größeren Ofen brauchte, bekam ich dafür einen kleinen Kredit von meinen Schwiegereltern.
Was ich unterschätzt hatte, war, dass ich den ganzen Tag allein in der Werkstatt bin. Mir fehlte der Austausch. Ich sehe zwar die Familie und Arbeiter auf dem Hof und wir essen häufig zusammen Mittag, aber das ist nicht das Gleiche, als wenn man sich mit Gleichgesinnten, mit Kollegen austauschen und gegenseitig motivieren kann.
Die Zusammenarbeit mit dem Jobcenter war für mich emotional eine Herausforderung. Sie wussten nicht, wie sie mit mir als Kreative, umgehen sollten. Eine weitere Herausforderung war, mich zu präsentieren, mich und meine Produkte anzubieten und zu verkaufen. Das musste ich lernen.
Stolz bin ich darauf, dass ich als „Neue“ so schnell eine Zusage für die Teilnahme am Töpfermarkt in Teterow bekam. Es ist ein wunderschöner Markt, weit über die Grenzen der Region bekannt, mit einem Anspruchsvollen Bewerbungsverfahren für die Aussteller. Gefreut habe ich mich über Anfragen von Galerien, die meine Arbeiten bei sich ausstellen. Darüber erziele ich sehr gute Verkäufe bzw. Umsätze.
Ein Erfolg und ein wunderschönes Highlight war das einjährige Existenzgründercoaching von DIE KREATIV MACHER MECKLENBURG-VORPOMMERN. Ich hatte beim Wettbewerb für Kreativschaffende mitgemacht und mit 11 anderen Kreativen das einjährige Coaching, das mal in der Gruppe und einmal im Monat als Einzelcoaching durchgeführt wurde, gewonnen. Das hat mir sehr gut gefallen, mich und mein Business extrem vorangebracht und ich habe viele interessante Menschen kennengelernt sowie wichtige Kontakte knüpfen können.
Die Herausforderungen habe ich mit unserem familiären Hintergrund gemeistert. Wir haben beide Elternpaare hier, die uns sehr viel unterstützen, Sei es bei der Betreuung der Kinder oder bei der Fertigung der Produkte im Atelier. Ich bin sehr dankbar, dass ich die Möglichkeit hatte, wieder zurück in die Heimat kommen zu können.
Die Frage erübrigt sich für mich, da es keinerlei Möglichkeiten hier in MV gibt, mit dem was ich gelernt und studiert habe. Es gibt Studienkolleginnen, die in großen Porzellanfirmen untergekommen sind. Allerdings sind sie reine Produktdesigner und arbeiten viel am Computer. Sie vermissen es, mit ihren Händen kreativ arbeiten zu können. Sie machen von all den Schritten in der Schöpfungskette, die wir im Studium gelernt haben, nur einen. Ich hingegen gehe jeden einzelnen Schritt von der Idee bis zum Verkauf selbst. Ich bin sehr sehr glücklich hier. Das Gesamtkonzept stimmt hier einfach. Nein, niemals würde ich tauschen wollen und irgendwo angestellt sein.
Ich träume davon, das ist jedoch noch weit weg, wenn die Kinder etwas älter sind, mein Atelier zu verändern oder auch ein neues zu bauen. Es gibt die Idee eines kleinen Galerie Cafés mit integrierter Werkstatt, das ich zusammen mit einer befreundeten Konditoren Meisterin führen möchte. Unsere kreative Arbeit ähnelt sich, wir könnten uns austauschen, gegenseitig inspirieren, aushelfen und unterstützen, je nachdem wer von beiden gerade mehr Unterstützung benötigt.
Seid euch bewusst, wie einsam es sein kann, wenn man als Einzelunternehmer*in gründet. Für Austausch und Inspiration sollte man Konzepte entwickle, wie zum Beispiel Coworking Spaces nutzen, zu Netzwerktreffen und anderen Veranstaltungen gehen. Ich rate jedem, der selbstständig sein möchte, seine Tätigkeit wirklich zu lieben und mit 150% dabei zu sein. Man sollte sich nicht selbstständig machen, um viel Geld verdienen oder irgendwie über die Runden kommen zu wollen. Dann wird es schwierig. Es muss Spaß machen und es sollte keine „Arbeit“ sein. Wichtig finde ich außerdem, einen Partner zu haben, der auf Augenhöhe hinter dir steht, der Anteil an deinen Visionen, an denen Freuden und Schwierigkeiten nimmt.
Mir fällt keine Alternative ein. Ich habe nie darüber nachgedacht, es anders zu machen, weil es funktioniert hat, so wie wir es gemacht haben. Es passte von Anfang an alles gut zusammen. Dennoch arbeiten wir täglich daran, dass es so bleibt, passen auf, dass wir uns nicht gegenseitig aufzerren.
Man darf nicht menschenscheu sein und muss sich gut verkaufen können, zumindest in meiner Branche. Wichtig finde ich Offenherzigkeit, Selbstdisziplin, Ehrlichkeit (zu sich und zu anderen) und den Fakt, gut allein sein bzw. allein arbeiten zu können, also kein Problem mit Einsamkeit zu haben.
Vorwiegend über die diversen Märkte, auf denen ich präsent bin sowie durch die verschiedenen Galerien, die mein Porzellan ausstellen. Touristen finden mich über Hinweise in ihren Unterkünften.
In dem vom Europäischen Sozialfonds (ESF) geförderten Projekt wurden Möglichkeiten entwickelt, wie in der ländlichen Region des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte mehr erwerbsfähige Menschen erwerbstätig werden können,