Zum 1. Dezember 2015 habe ich mein Unternehmen gegründet. Da war ich mittendrin in der Meisterausbildung, bin 3,5 Jahre freitagabends und samstags zur Schule gegangen. Im gleichen Jahr wurde meine erste Tochter geboren. Ich hatte/habe eine Ausnahme-Bewilligung; normalerweise kann man erst nach Beendigung des Meisterkurses ein eigenes Unternehmen gründen.
Meine Mutter ist Lehrerin, mein Vater Journalist. Als ich klein war, habe ich viel Zeit mit meinem Opa verbracht. Er war Hufschmied. Ich saß bei ihm im Garten oder im Schuppen und habe gebaut und das Werkzeug ausprobiert. Mir war immer klar: ich will später nicht im Büro arbeiten.
Zum Bootsbau bin ich gekommen, da ich als Leistungssportlerin Kanu gefahren bin. Jeden Tag paddelten wir an den großen Booten und Pötten vorbei und ich dachte mir, dass es schön wäre, solche Boote zu bauen bzw. zu restaurieren.
Angestupst hat mich letztendlich auch mein Mann, der immer gesagt hat, du kannst das doch, du machst das schon so viele Jahre. Mein eigener Antrieb war jedoch die größte Inspiration.
Seit meiner Ausbildung im Jahr 2008/2009 bis zum Tag meiner Gründung habe ich als angestellte Bootsbauerin gearbeitet. Schnell hatte ich den Wunsch, etwas Eigenes zu machen, mich nicht mehr unterordnen zu müssen, eigene Ideen verwirklichen zu können. Zum Schluss der Anstellung hat alles nicht mehr so richtig gepasst.
Vor meiner Gründung fragte ich an vielen Orten, ob Interesse bzw. Bedarf an einer Bootswerft beständen. Malchin hatte immer einen Bootsbauer. Der letzte war im hohen Alter verstorben und 8 bis 10 Jahre lang gab es keinen Bootsbauer in Malchin. Daher stieß mein Angebot auf großes Interesse. Viele Kunden, die die 10 Jahre ihre Boote woanders hinbrachten, kamen zurück nach Malchin.
Ich bin mit der Bootswerft in der Handwerksrolle als Einzelunternehmen eingetragen. Ich bin Solo-Selbstständige und möchte das in naher Zukunft auch bleiben. Eventuell könnte ich mir einen Azubi vorstellen. Mein Aufgabenfeld liegt in der Restauration und Reparatur von Holz- und Kunststoffbooten bis zu einer Länge von zehn Metern. Alles was darüber liegt, passt nicht in meine Bootshalle und kann ich nicht allein bewegen.
Ich habe mir nicht viele Sorgen gemacht. Ich dachte, wenn es nicht funktioniert, dann melde ich das Unternehmen halt wieder ab. So flexibel kann ich sein und denken, weil ich für keine Mitarbeiter verantwortlich bin. Dass ich keine Bedenken hatte/habe, rührt auch da her, dass mein Mann eine Festanstellung hat und wir unsere Grundbedürfnisse erfüllen können.
Ich habe einen Existenzgründungskurs absolviert. Gute Beratung erhielt ich von der Handwerkskammer und meinem Steuerberater. Im Vorfeld meiner Gründung habe ich mich mit vielen Menschen unterhalten, habe im Hafen gefragt, ob Bedarf an einer Bootswerft besteht. Ich bekam viel positives und aufmunterndes Feedback.
Ich möchte endlich mein Meisterstück fertigkriegen. Es gibt zwar keine konkrete Deadline (aufgrund der Ausnahme-Bewilligung und der momentane Covid 19 Situation), aber es ist mein Anspruch, dass ich mein Meisterstück, ein Kanu aus Holz in Leichtbauweise, endlich fertigstelle.
Ansonsten sind das Wichtigste, an dem ich arbeite, immer die aktuellen Kundenaufträge.
Ich habe in die Halle sowie in Geräte und Werkzeug investiert, jedoch alles in Eigenleistung. Einen Kredit oder eine Förderung habe ich nicht beantragt.
Im April 2018 wurde unsere zweite Tochter geboren. Ab dem Zeitpunkt war ich sieben Monate komplett raus aus der Firma, habe nicht gearbeitet. Da habe ich mich doch des Öfteren gefragt, ob das richtig war, eine so lange Pause zu machen. Im Nachhinein war es richtig; alles lief gut weiter. Seit Januar 2019 habe ich wieder voll gearbeitet, viele Kundenaufträge warteten darauf, ausgeführt zu werden.
Stolz bin ich darauf, die Firma überhaupt aus dem Boden gestampft zu haben. Und das mit zwei kleinen Kindern. Ich bin nie mit meinem Unternehmen in Schieflage geraten, auch während des Corona Lockdowns nicht. Im Gegenteil: ich habe mehr Kunden. Die Menschen konnten nicht verreisen, haben sich ihr Zuhause, ihren Garten und ihr Boot schön gemacht bzw. machen lassen. Wobei die 7 Monate seit dem Beginn der Pandemie schon sehr herausfordernd für uns als Familie waren. Um die Kinderbetreuung hinzubekommen, haben mein Mann und ich uns abgewechselt. Ich bin erst ab 14.30 Uhr bis open end in die Bootshalle, wenn mein Mann sich um die Kinder kümmern konnte, die ich vormittags betreute.
Ich habe sehr viel Unterstützung durch meine Familie erfahren. Die Großeltern wohnen in der Nähe und springen sehr oft ein, auch andere Familienmitglieder helfen uns. Gut gemeistert habe ich alle Herausforderungen mit meinem Mann. Er war (u.a. während meiner Meisterausbildung und beim ersten Lockdown) und ist mir eine große Stütze.
Nein. Nur in allergrößter Not, zum Beispiel, wenn mir oder meinem Mann etwas passieren würde. Wir stellen uns ab und an die Frage: was wäre, wenn? Wir möchten einfach eine bestimmte Sicherheit haben. Ich bin sehr froh und glücklich, selbstständig zu sein.
Mein Ziel ist es, dass die Firma weiterhin gut läuft und gesund wächst, dass sie in fünf Jahre noch existiert. Man weiß ja nie, was kommt. Ich habe keine großen langfristigen Ziele. Ich setze mir kurzfristige Ziele, Tagesziele, denn ich stehe jeden Tag vor neuen Herausforderungen mit den Booten. Mein tägliches Ziel ist es, diese Herausforderungen so gut wie möglich zu meistern, meine Kunden glücklich zu machen, abends zufrieden nach Hause zu gehen und die Zeit mit meinen Kindern zu genießen.
Wer mit dem Gedanken spielt, sich selbstständig zu machen, sollte sich auf alle Fälle ausführlich beraten lassen, insbesondere zu den Themen Finanzen und Versicherungen. Geht es um Gründungen im Handwerk sind die Handwerkskammern eine gute Anlaufstelle. Definitiv sollte ein Existenzgründungskurs absolviert werden. Es ist wichtig zu wissen, was auf einen zukommt, nicht blauäugig zur Gewerbeanmeldung zu laufen und später auf die Nase zu fallen.
Ja, definitiv. Es hat ja alles super geklappt.
Durchsetzungsvermögen und Willensstärke. Eigeninitiative und Motivation. Ich hatte bzw. kannte meinen Eigenantrieb bereits vom Leistungssport. Das hat mir geholfen. Gerade ich als Frau in einer Männerdomäne, muss manchmal einfach die Pobacken zusammenkneifen und durch. Außerdem ist Geduld sehr wichtig. Manche Dinge ergeben sich, wenn man gar nicht mehr mit rechnet, wenn man locker und losgelassen hat. Man muss nicht alles übers Knie brechen; abwarten wirkt manchmal Wunder.
Hauptsächlich durch Mund zu Mund Propaganda, durch meine zufriedenen Kunden, die stolz sind, wenn sie auf ihr schickes Boot angesprochen werden und gern erzählen, wo sie es machen lassen haben. Man trifft mich häufig im Hafen, ich unterhalte mich mit den Hafenmeistern und habe auch sonst viele Kontakte in der Branche. Kontakte, die man manchmal wieder aufwärmen muss. Dann erinnere ich mich an frühere Anfragen/Gespräche und hake persönlich nach. Und jedes Jahr zu Weihnachten schalte ich eine Annonce.
In dem vom Europäischen Sozialfonds (ESF) geförderten Projekt wurden Möglichkeiten entwickelt, wie in der ländlichen Region des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte mehr erwerbsfähige Menschen erwerbstätig werden können,